Esther Stocker

Die Gemälde von Esther Stocker sind meist rasterhaft aufgebaut, sie scheinen so etwas wie ein Schachbrett zu bilden, auf denen die Künstlerin ihre unterschiedlichen Spielzüge versucht. Ein erster kurzer Blick scheint zunächst alles klar zu machen: geometrische Muster, in schwarz und weiß und vielleicht noch einigen Zwischentönen gehalten. Die Klarheit schwindet jedoch schnell, wenn sich die oft nur sehr minimalen Eingriffe ins Blickfeld schieben. Dann tun sich plötzlich Alternativen auf: Was vorher noch klar und deutlich schien, bekommt etwas Fragiles und Flüchtiges, das Einfache wird nicht in etwas Komplexes verwandelt, wir beginnen nur ganz grundsätzlich zu zweifeln, ob es dieses Einfache überhaupt als solches gibt. Wenn ein einfaches Raster aus Rechtecken an einigen Stellen Verschiebungen aufweist, so hat dieses Raster in Stockers Bildern einen Effekt, der völlige gegen die Intuition zu laufen scheint: Es dient nicht mehr als fixes Netz von Orientierungspunkten, sondern scheint geradezu zu verhindern, dass wir die andere, durch die minimale Verschiebung entstandene Struktur, erfassen können. Die Künstlerin scheint die vorgebliche Robustheit geometrischer Formen nur dazu zu benutzen, um die Bedingungen für die völlige Auflösung dieser Robustheit zu schaffen. Es ist keine komplexe Welt, es sind die einfachsten Strukturen, bei deren Anblick wir uns auf nichts mehr verlassen können und alles in der Schwebe bleibt.
(aus: "Der Schein der Klarheit", Martin Prinzhorn, 2004
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